Eine bodenlose Unverschämtheit

Während sich das Blockupy-Bündnis den anstehenden Protesten widmet, arbeitet die Justiz die Vorfälle rund um den Polizeikessel beim letzten Protestevent auf. Dabei kommt es zu erstaunlichen Einsichten.

Bereits im Juni vergangenen Jahres war ein Verfahren vor dem Frankfurter Amtsgericht gegen den Blockupy-Aktivisten Jan aus Düsseldorf nach nur zehn Minuten eingestellt worden. Dem 28jährigen wurde Widerstand gegen eine Festnahme vorgeworfen, er habe einen Beamten geschlagen. Der Richter hatte bald genug und beendete die Farce mit Zustimmung des Staatsanwaltes und dem gelangweilten Kommentar, der angeblich geschlagene Beamte habe seinen Dienst ja problemlos fortsetzen können.
Die Stimmung im Gerichtssaal des Frankfurter Amtsgerichts war auch Anfang April 2014 bestens, als ein weiterer Aktivist sich für seine Straftaten im Zuge der Blockupy-Proteste Anfang Juni 2013 verantworten musste. Dem 53jährigen Hagen K. wird zur Last gelegt, er habe bewaffnet an der Demonstration teilgenommen, wobei seine Bewaffnung laut Staatsanwaltschaft im Tragen einer mit Hartplastik verstärkten Baseballkappe, zweier Unterarmschützer aus Plastik sowie dem Mitführen von Arbeitshandschuhen bestanden haben soll. Ungewöhnlich, der Sache aber nicht unangemessen, mokierte sich der Angeklagte in seiner Einlassung, der gegen ihn erhobene Strafbefehl sei eine „bodenlose Unverschämtheit“, was die Richterin offenbar überzeugte, schließlich schlug sie bald eine Einstellung des Verfahrens vor. Oberstaatsanwalt Olaf König hingegen besteht auf seiner Anklage und fordert mindestens eine symbolische Geldstrafe, die der Angeklagte, so der Staatsanwalt, ja eventuell an die Polizeigewerkschaft entrichten könnte. Spätestens jetzt erreichte die Stimmung im mit Blockupy-Aktivisten gut gefüllten Gerichtssaal ihren Siedepunkt und das ehrwürdige Amtsgericht erinnert eher an die Comedy-Bühne im nahe gelegenen Stalburg Theater. Die Frankfurter Rundschau kommentierte treffend: „Am Ende wirkt es fast so, als wäre Oberstaatsanwalt Olaf König der strittige Strafbefehl selbst ein wenig peinlich. Der Kollege, der ihn ausgestellt habe, sei jetzt nicht hier, aber der mache schließlich auch nur seine Arbeit, sagt König in leicht beleidigtem Tonfall.“ Dennoch bleibt König bei seinem Antrag, was die Richterin schließlich mit der Vertagung des Verfahrens quittiert – die Polizisten, die Hagen K. aus dem Kessel begleiteten, sollen noch als Zeugen aussagen. Der Besucherandrang für diese Veranstaltung dürfte noch größer werden.
Derweil werden die ernsten Folgen der Troika-Politik in den Staaten der europäischen Südperipherie, gegen die sich das Blockupy-Bündnis wendet, auch in diesem Jahr Anlass für Proteste sein. Dabei wird es unter anderem im Mai Aktionen in verschiedenen deutschen Städten geben. Unter dem Motto "Solidarity beyond Borders – Building Democracy from below" wird es in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart zu Protestaktionen kommen. Auch in anderen europäischen Ländern, unter anderem Italien, Frankreich, Holland, England und Dänemark, sind für den Zeitraum vom 15. bis 25. Mai Protestaktionen geplant.
Die Proteste in Deutschland sollen vor allem am 17. Mai stattfinden, neben Demonstrationen sind Aktionen zivilen Ungehorsams geplant, die an den lokalen Gegebenheiten anknüpfen sollen. So richten sich die Proteste in Düsseldorf gegen die Luxusmeile „Kö“, während etwa in Berlin der „Flüchtlingsmarsch von Straßburg nach Brüssel“ begleitet werden soll.
Außerdem ruft das Blockupy-Bündnis zu einer Großdemonstrationen am 17. Mai in Hamburg auf sowie zur Teilnahme an den Protestaktionen in Brüssel zwei Tage zuvor anlässlich des „European Business Summit“, einem jährlichen Treffen von Wirtschaftseliten und führenden Politikern.
Für die Blockade der Eröffnung des neuen EZB-Towers in Frankfurt, deren genauer Termin noch nicht bekannt ist, mobilisiert das Bündnis zu einer Großdemonstration am „Tag X“.
Alle Informationen zu den geplanten Aktionen können Interessierte auf der Website https://blockupy.org/ einsehen.

Erschienen in Graswurzelrevolution (GWR) 389
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